Phoenix Hörde. 160 Jahre, mehr nicht?

 


Blick über Hörde ins Werk, 2000 (Quelle Wikipedia)

Blick über Hörde auf den See, 2010 (Quelle Wikipedia)

Phoenix von Süden 1990er Jahre (Hans Mlynczak)

Plan des Phoenix Ost (Hans Mlynczak)

Abbrucharbeiten vor 2005 (Hans Mlynczak)

Brache nach 2005 (Anton Mlynczak)

See fast voll 2012 (Anton Mlynczak)

Marina mediterranes Flair 2014 (Anton Mlynczak)
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1843 stieg der östliche Teil Phoenix als Anlage mit 50 Puddelöfen aus dem ländlichen Emschertal. 2010 legt sich der Phoenix als See in die ehemals mit Öl, Schlacke und Chemikalien getränkte Erde des Stahlwerkes Phoenix und füllt das künstlich neu entstandene Emschertal.

In der Zeit dazwischen wurde Stahl produziert. Die Stahlproduktion wurde über 80 Jahre kontinuierlich verbessert,  große Technologieschübe gab es in der Mitte des 19. Jahrhundert und dann erst wieder in den 1960er/ 1970er Jahren.

1853 wurde die Stahlproduktion an eine eigene Roheisenerzeugung in Hochöfen (später Phoenix West) angebunden. Qualitativ schlechteres Erz aus der Umgebung Hördes konnte so verhüttet werden.1879/1880 übernahm der Hörder Bergwerks- und Hüttenverein (Phoenix) das Thomas-Verfahren zur Umwandlung von Roheisen in Rohstahl und entwickelte es zur Produktionsreife. Der Einsatz des Thomasverfahrens löste das Bessemerverfahren ab und gestattete es, das Hörder Roheisen zu gutem Stahl zu machen. Dieser Nachfolger des Bessemer Verfahrens war 80 Jahre im Phoenix Dortmund Hörde im Einsatz. Parallel zum Thomasverfahren konnte in elektrisch betriebenen Siemens-Martin Öfen Schrott zu hoch vergütetem Stahl geschmolzen werden. Das Siemens Martin Werk wurde 1971 sogar noch einmal erneuert, es wurde aber später wegen der verbesserten Prozesse im Blassthahlverfahren überflüssig.

Das Blasstahlverfahren bedeutet eine große Innovation. Das Thomasverfahren wurde etwa 80 Jahre genutzt. In den 1960er Jahren, wurde es durch das Blasstahlverfahren (LD-Verfahren) abgelöst (1963). Die Güte des Stahls konnte verbessert werden. In großen Einheiten (Konvertern) wird Roheisen zu Stahl zu gefrischt, der zu einer weiten Palettte von Edelstählen weiterbehandelt werden kann. In den 1970er Jahren wurde der Stahlguss in diskrete Kokillen durch den Guss von langen Brammen im kontinuierlichen Stranggussverfahren abgelöst.

Diese letzten Modernisierungen konnten gerade mal 40 Jahre für Wohlstand sorgen. 2001 wurden Blasstahlwerk und Stranggussanlage stillgelegt. Das Ruhrgebiet legte einen rasanten Wandlungsprozess von der Schwerindustrie zu Dienstleistungen und Informationstechnologien hin. Er wurde begleitet von sozialer Absicherung der Arbeiter. In den ab den 1960er Jahren gegründeten Universitäten entstanden Keimzellen für Innovationen.

Das Werk war auch Heimat für 3 Generationen meiner Familie. Wenn wir Dortmund besuchen genießen wir die bunten und leuchtenden Häuser, die das Einheitsgrau von damals abgelöst haben.

Aufgewachsen mit dem Phoenix

Großvater, Vater, zwei von seinen Brüdern und eine Schwester sowie mein Bruder haben auf dem Phoenix gearbeitet:  Der Großvater arbeitete am Brammenofen bei 600 Grad Celsius vor der Brust und manchmal unter 0 Grad Celsius im Rücken. Der Vater war als Warmbettzeichner und später als Vorarbeiter und Meister im Walzwerk beschäftigt. Mein Bruder nahm Teil am Aufbau wie der Instandhaltung von elektrischen und elektronischen Anlagen im Stahlwerk und Walzwerk als Techniker und Meister. Später dann leitete er die elektrische Instandhaltung  des Hochofenwerks der Hoesch Westfalenhütte. Einer der Brüder meines Vaters war Meister auf dem Hochofenwerk des Phoenix, der andere setzte Großanlagen - wie Konverter - in Stand. Die Tante arbeitete im Labor des Phoenix Ost.

Verwandte aus dem Münsterland liebten den Feuerschein, wenn beim Frischen des Eisens zu Stahl in den Thomasbirnen (später im LD-Konverter) das Werk in flammendes Feuer getaucht war. Hausfrauen hassten das Werk, wenn der Wind falsch stand und die Wäsche auf der Wäscheleine mit Rußteilchen aus dem Rauch überzog. In der Schule auf dem Remberg musste einige Male das Fussballspiel unterbrochen werden, weil der dicke Rauch aus den Thomasbirnen die Nebenspieler verdeckte. Smog im November lag manchmal so dicht, dass die Fußspitzen trotz Beleuchtung nicht zu sehen waren.

Das mit dem dicken Dreck wurde schon mit dem Blasstahlwerk 1963 weniger und hatte ein Ende mit Willy Brandts Versprechen des "Blauen Himmels über der Ruhr" zum Ende der 1960er Jahre, und seiner Einlösung durch die SPD geführte Regierung ab 1969.

In den 1960er Jahren arbeiteten 64.000 Personen in der Stahlindustrie Dortmunds. Phoenix(Ost)  Stahl- und Walzwerk , Hochofenwerk Hörde (Phoenix West), Werk Union, Westfalenhütte gehörten dann alle zu "Karl Hoesch". Nach mehreren Eigentümerwechseln war 2001 trotz neuester Technologie Schluss mit der Eisen- und Stahlindustrie und dem Blasstahlwerk in Hörde. 160 Jahre nach Eröffnung wurde das Werk geschlossen.

Ab 2001 wurde geplant und dann alles abgerissen. Manchmal wurde mehrere Meter tiefes Erdreich abgetragen und deponiert. Es war verseucht, im Besonderen durch das Drucköl der schweren und mit ganz hohen Drucken arbeitetenden Walzständer.

Der Dreck ist auf der Deponie, die Komponenten des alten Stahlwerks sind in China zu einem nächsten Stahlwerk zusammengebaut. Dortmund hat sich entschieden unter anderem rund um die 1968 gegründete Universtiät Kohle und Stahl  durch  Elektronik, Software sowie zum Beispiel Arbeitsschutz- und Umwelttechnologie zu ersetzen. Der See soll seit 2010 ein schweres durch ein leichtes Lebensgefühl ablösen.

Hochöfen und Stahlwerk sind demontiert und in neuer, produktiverer Anordnung in China aufgestellt worden. Phoenix ist zum Lebensraum am See geworden. Machen wir noch einen kurzen Blick zurück auf das "BlasstahlwerK" mit seinen Schritte vom Roheisen zum Stahl in Brammen.

Der beeindruckende Prozess "Roheisen zu Stahl" im Blasstahlwerk mit Stranggussanlage in Dortmund Hörde wird auf eigenen Seiten dargestellt. Dazu nutze ich zwei Filme von Thyssen Krupp aus dem Internet. Schritte werden an Hand von Informationen, die mir Hans Mlynczak gegeben hat in Standbildern erläutert.