Den Himmel auf die Erde geholt – Mechanik als Prototyp von "Vernunft"
Vernunft, griechisch logos und lateinisch ratio, durchzieht das Denken über die Ordnung der Welt. Mit den Worten "Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir ..." drückt Kant seine Sehnsucht aus wie Freude über seine gewonnen Erkenntnis. Der Himmel bietet sich an, Wünsch und Träume in ihm zu verwirklichen, aber auch handfeste Beobachtungen und Berechnungen zu machen.
Zunächst bestimmen himmlisch und irdische Wasser das Leben, religiöse Traumbilder zeigen den Aufstieg des Menschen zum Himmel bevor sich die Weiten des Kosmos vom engen irdischen Leben trennen. Über zweitausend Jahre beschäftigen sich Menschen mit den Bewegungen der Gestirne, erste geometrische Modell erlauben die Berechnung zukünftiger Himmelsergeignisse.
Jetzt schickt der Himmel Christus auf die Erde. Jahrhunderte später erreicht aristotelische Vernunft den Theologen Thomas von Aquin über arabische Philosophen. Religion und Vernunft werden vereinigt. Dann betritt "Wissenschaft" die Bühne. Vernunft öffnet die Welt und newtonsche mathematische Mechanik befeuert eine Philosophie der Vernunft. Ihre Verlockung: Mechanik trägt die Ordnung des Kosmos auf die Erde und scheint das Fenster in die Unendlichkeit und das Absolute zu öffnen.
Himmel und Erde: in Eins verbunden
Himmelsleiter - Zikkurat in Ur

Jörg Zink ("Tief ist der Brunnen der Vergangenheit", Kreuz Verlag, gegen 1980) schreibt auf Seiten 64/ 65 "Die Himmelstreppe in Ur, der Heimatstadt Abrahams. ... Der Traum von der Treppe, die fälschlicherweise immer wieder als 'Leiter' verstanden wurde, ist eine Erinnerung an die Stufentürme der Heimat seiner Vorfahren. Auf den langen Treppen, die vom Grund bis an die Spitze führten, gingen nach dem Glauben der Sumerer die Boten der Götter auf und ab, um die Gebete der Menschen zu den Göttern zu bringen und die Worte der Götter zu den Menschen. Oben auf der Spitze war die 'Pforte des Himmels', unten, am Fuß der Zikkurat, standen die Tempelanlagen, die sie das 'Haus Gottes' nannten".
Mose 1: 28, Jakob schaut die Himmelsleiter
"Aber Jakob zog aus von Beerscheba und machte sich auf den Weg nach Haran 11 und kam an eine Stätte, da blieb er über Nacht, denn die Sonne war untergegangen. Und er nahm einen Stein von der Stätte und legte ihn zu seinen Häupten und legte sich an der Stätte schlafen. 12 Und ihm träumte, und siehe, eine Leiter stand auf Erden, die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe, die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder. 13 Und der HERR stand oben darauf und sprach: Ich bin der HERR, der Gott deines Vaters Abraham, und Isaaks Gott; das Land, darauf du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. ... 18 Und Jakob stand früh am Morgen auf und nahm den Stein, den er zu seinen Häupten [seinem Haupt] gelegt hatte, und richtete ihn auf zu einem Steinmal und goss Öl oben darauf 19 und nannte die Stätte Bethel; ...
Himmel: Quelle des Wassers
Kosmischer Urozean der Sumerer 
Gilgamesch

Das ist das Weltbild, wie es im Gilgamesch Epos aufgeschrieben ist.
In der sumerischen Genesis umgibt ein kosmischer Süßwasserozean unseren Planeten. Er wurde in der Mitte der Erde, damals Babylon erschaffen. Die Berge des Libanon und des Zagros dienen als Säulen des Süßwasserhimmels; und der Tunnel ermöglicht es dem Sonnengott, nachts von Westen nach Osten zu eilen.
Mittelalter
Gott erschafft den Himmel, um die Wasser von den Wassern zu scheiden.

Bildnachweis: File:Sumers Kosmischer Ur-Ozean, abstrakt.jpg - Wikimedia Commons und Aus dem Schöpfungszyklus im Ashmole Bestiarium. MS Ashmole 1511, fol. 4 v (England, frühes 13. Jh.).
Kosmos: "Ordnung" außerhalb als Objekt unserer Neugier
Kosmos(Schedelsche Weltchronik)

Schedelsche Weltchronik

Dieser Kosmos ist aus Schedelscher Weltchronik (1493). Gefunden wurde sie in einem Artikel aus "Spektrum der Wissenschaft" über Robert Grosseteste (1170 bis 1253). "[Aritoteles'] Schrifttum war zuvor über Kultur- und Sprachgrenzen hinweg vom Griechischen über das Arabische ins Lateinische tradiert worden. Geistesgrößen wie Grosseteste oder Averroes in Cordoba und Gerhard von Cremona in Toledo wagten sich an die großen Fragen: Was ist Farbe? Was ist Licht? Wie entsteht ein Regenbogen?"
Sphären heißen spera. Von innen nach außen: terra, aque, ignus, lune, mercuriy, veneris, solis, mariis, iovis, saturne, firmamentie, celum cristallum, primium mobile.
Himmelssphären

Geozentrische Himmelsspären aus Peter Apians Cosmographia (1593). Kopernikus Hauptwerk ist 1543 erschienen.
Bildnachweise: Holzschnitt aus der Schedelschen Weltchronik, 1493, Blatt 5 verso / public domain (Ausschnitt) File:Nuremberg chronicles - f 5v.png - Wikimedia Commons; Geocentric celestial spheres; Peter Apian's Cosmographia (Antwerp, 1539) Ptolemaicsystem-small - Celestial spheres - Wikipedia
Weit in die Zukunft weisende Vorhersagen der Bewegung von Planeten- und Sternenbahnen entstanden. Sie erfuhren ihren Höhepunkt Anfang des 2-ten Jahrhundert nach Christus durch Claudius Ptolemäus und wurde als arabische Übersetzung (Almagest) für Wissenschaft und Seefahrt des Mittelalters ins lateinische transferiert. Dieses Himmelsmodell gilt bis in das 16. Jh. in Europa und war im 11.Jh. in Westeuropa bekannt.
Logos (Vernunft): wird Mensch
Logos rutscht in Marias Ohr
-- Marienkapelle Würzburg --
Das Tympanon am Nordportal der Marienkapelle in Würzburg stammt aus der zweiten Hälftes 15. Jahrhunderts. Sehr eigenwillig stellt es die Verkündigung an Maria dar, dass sie Christus empfangen habe. Der Logos rutsch an einem Rohr von Gott Vaters Mund in das Ohr Mariens. Das Tympanon stellt den Beginn des Johannes-Evangeliums dar:
"1 Im Anfang war das Wort [Wort hier im Sinne von göttlichem Prinzip als Vernunftidee, nicht nur als Vernunftmethode A.M.], und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. 2 Dieses war im Anfang bei Gott. 3 Alles ist durch dasselbe entstanden; und ohne dasselbe ist auch nicht eines entstanden, was entstanden ist. ... 14 Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns; und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit."
- Literaturnachweis: Johannes 1 — Die Bibel (Schlachter 2000)
- Bildnachweis: © Anton Mlynczak 2010. Usage according to GNU Free Documentation License,
Mit Jesus Christus kommt der Himmel in Person auf die Erde und erfüllt offensichtlich eine Hoffnung von Menschen. Es dauert noch 1000 Jahre um erneut vom Himmel verzaubert zu werden und ihn gleichzeitig zu entzaubern.
In der griechischen Fssung des Neuen Testaments spricht der Evangelist Johannes davon, der Logos (das Wort oder das göttliche Prinzip) sei Christus. Alles sei durch das Wort Gottes entstanden. Jetzt kommt Christus auf die Welt, nachdem sich sumerische Götter in die Ordnung des Himmels zurückgezogen hatten.
Glaube als Vernunft: Thomas von Aquin
Triumpf des Thomas über Averroes

Aristotels, Averroes, Avicenna, Algazel,
oder der Philosoph, der Kommentator und die beiden letztlich mit Namen genannten sind neben Theologen (vorrangig sein Lehrer Albertus Magnus) philosophische Quellen für Thomas von Aquin. Auf dem Bild taucht noch Platon auf (damit die Augustinische Tradition nicht verloren geht). Dass Averroes am Boden liegt hat wohl mit der schematischen Adaption von Thoms in der noch 200 Jahre später vorherrschenden Scholastik zu tun.
Thomas' Ziel war es, den Glauben an Gott durch Vernunft zu untermauern. Bei Aristoteles findet er, dass Vernunft dem Menschen gegeben ist, während Pflanzen nur über vegetative, Tiere nur über vegetave und sensitive Fähigkeiten verfügen. Das höchste Gut ist bei Aristoteles der Gebrauch der n Seele als die uns eigentümliche Tätigkeit oder Leistung. (siehe auch De Creczenzo über Aritoteles, Seiten 137 bis 140).
Vernunft und Wissenschaft
Zitat aus Wikipedia: "Unter dem Einfluss des Aristoteles gab Thomas von Aquin der menschlichen Vernunft und der Wissenschaft eine ganz andere Wertigkeit. Die Philosophie erhält bei ihm ihre eigene Berechtigung aus der Schöpfungsordnung, denn Gott hat den Menschen mit Verstand und Vernunft ausgestattet. Thomas unterscheidet zwei Erkenntnisweisen: die natürliche Vernunft und den gnadenhaften Glauben, sowie zwei Erkenntnisperspektiven: a) von unten, d. h. in den Grenzen des menschlichen Erfahrungshorizonts, und b) von oben, durch Gottes Offenbarung. ..."
- Bildnachweis: 200 Jahre später, Scholastik versteinert: "" - Gemälde: Benozzo Gozzoli ca. 1468/ 84 - Wikimedia Commons
- Literaturnachweis: De Crescenco, Luciano; Geschichte griechischen Philosophie, Von Sokrates bis Plotin; Diogenes 1990)
An dieser Korrektur an Augustinus, der den Glauben hervorhob, hält die katholische Kirsch auch heute noch fest. Josef Ratzinger, Benedikt XVI betonte den Zusammenhang von Glauben und Vernunft in seiner "Regensburger Rede", auch wenn man den Eindruck nicht los wird, er meint damit, wer nicht glaube, sei unvernünftig.
Die Wiederentdeckung der Vernunft ging einher mit Besinnung auf Mathematik und Naturwissenschaft. Deren Siegeszug spornte Kant (auch Hegel) an, Philosophie zur Wissenschaft zu entwickeln. Es ist atemberaubend, wie wissenschaftliche Vernunft, den Himmel auf die Erde holte. Ironischer Weise – oder besser gesagt, folgerichtig – führt die "wissenschaftliche" Beschäftigung mit der Vernunft Kant zu ihren Grenzen.
Vernunft und Harmonie: Kepler
Astronomia Nova (1609)

Keplers Aussagen über die Planetenbewegung
Astronomia Nova
Die folgenden 2 Aussagen trifft Kepler 1609 in der Astronomie Nova. Sie behandelt die Bewegung des Mars, ist dem Kaiser Rudolph II gewidmet und bezieht sich auf die Daten von Tyhco Brahe.
- Aussage 1: Die Planeten bewegen sich um die Sonne auf Ellipsen, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht.
- Aussage 2: Die Verbindungslinie zwischen Sonne und Planeten überstreicht in gleicher Zeit die gleiche Fläche.
Harmonices Mundi

Die dritte Aussage über die Bahnen traf Kepler 1619 in Harmonice(s) Mundi.
- Aussage 3: Der Quotient aus dritter Potenz der Umlaufzeit und dem Quadrat der großen Halbachse ist bei allen Planetenbahnen gleich.
Der Titel ist auch Title des entsprechenden Werks von Ptpolemäus. Die Harmonie der Welt an Hand von Polyedern und Harmonien in der Musik wird vor dem 5. Kapitel entfaltet. Letzteres enthält die 3. Aussage über die Planetenbahen.
Epizyklen
Die Bewegung eines Punktes des Radius eines zweiten Kreises, der auf dem Umfang (bezeihungsweise unter dem Umfang) eines größeren Kreises abläuft ergibt auch eine Ellipse. Es hätte des Tabubruchs Elipse statt Kreis nicht bedurft. Aber, nur durch die Keplerche geometrische Beschreibung in den Aussagen 1 und 2 konnte die analytische Aussage 3 gefunden werden. Nicht zu reden davon, dass die Newtonsche Bewegungsgleichung ohne Keplers Wechsel des Standpunktes nicht als Lösung der Planetenbewegung im Schwerefeld der Sonne hätte gelten können. Die Ratio verlangt eben auch eine rationelle Form oder Ausformulierung der Mathematik.
Hinweise auf Epizyklen im Internet:
Epizyklen überhaupt:
Ellipse als Epizyklus
Weitere Hinweise zur Ellipse und Kepler:
Johannes Keppler (1571 jul bis 1630 greg) ist Zeitgenosse von Galileo Galilei. Im Jahr 1600 zwang die Gegenreformation ihn als Protestanten Graz zu verlassen. Er traf in Prag auf Tycho Brahe (1546 bis 1601). Brahe lieferte als guter Beobachter exakte astronomische Daten in Verbesserung der Daten des Almagest (137 n.Chr.). Er verteidigte alleerdings die komplizierten griechischen Modelle der Planetenbewewgungen im Modell des Ptolemäus (100n.Chr. bis 160 n.Chr.), die immer mehr Kreise auf Kreisen kreisen liessen (Epizyklen). Als schlechter Beobachter aber guter Mathematiker stützte Keppler sich auf das von den Kirchen verteufelte, aber mathematisch einfachere heliozentrische Modell des Nikolaus Kopernikus. Das war zwar wesentlich durchsichtiger, konnte jedoch von der Vollkommenheit von Kreisbewegungen um die Sonne noch nicht lassen. Es benötigte immerhin noch 34 Epizykel.
Kepler löste sich vom Kreis und berechnete die passende Ellipse zu den Daten des Mars. Das Ergebnis veröffentlichte er 1609 in seiner Arbeit "Astronomica Nova". Seit der Hälfte des 16.Jahrhunderts gab es die seit dem 3.Jahrhundert bekannte Theorie der Kegelschnitte auch in lateinischer Übersetzung. Insofern gab es die Mathematik der Ellipse für Kepler. Sich von den Epizyklen zu lösen war möglich. Rationale Mathematik im Sinne von rationeller einfacher Mathematik der Himmelskörper war sicherlich ein Antrieb für Kepler. Neben der mathematischen Vernunft war Kepler überzeugt von der Weltharmonie, die der Schöpfer seinem Werk mitgegeben hatte: einer Vernunftidee, die hinter der Welt ein ordnendes Prinzip, den Logos sieht.
Als Ironie der Geschichte ebnete die "Ellipse" einerseits den Weg in die Vernunft der Aufklärung. Andererseits bedieneten sich die Jesuiten der Ellipse als Grundriss von Barockkirchen, die sie als Machtdemonstration der Gegenreformation erbauen ließen.
Vernunft und Experiment: Galileo Galilei
Discorsi e Dimonstrazioni Matematiche (1635/ 1638)

Ergebnis der Experimente
Galilei stellt fest,
dass beim Fall von Körpern auf die Erde die Wegabschnitte für gleiche Zeitintervalle sich verhalten wie 1:3:5 ... . Das stimmt mit dem später gefundenen Gesetz für den freien Fall überein.
dass auf der schiefen Ebene die Abrollgeschwindigkeiten mit der Zeit liniear zunehmen.
dass die Schwingungsdauer eines Faden-Pendels bei kleinen Auslenkungen von der Masse des daran hängenden Körpers unabhängig ist. Später heißt es dann, die träge Masse sein äquivalent zur schweren Masse.
wenn man einen Körper horizontal (parallel zu Erdoberfläche) wirft, so bewegt er sich auf einer Parabelbahn hin zur Erdoberfläche, falls die Anfangsgeschwindigkeit nicht zu groß ist. Das ist auch das Ergebnis später Berechnungen mit Newtonschen Bewegungsgleichung.
Galilei beschrieb seine Versuche ganz genau. Er zog verallgemeinernde Schlüsse aus diesen Messungen und Beobachtungen. Das kann man induktive Vernunft nennen. K.Simonyi (Seite 201) nennt die Discorsi Galileis wichtigstes Werk, weil eine der Grundlagen der weiteren Entwicklung der Physik hin zu Newton war.
Fazit
Beobachtung des "Himmels"
Mit seinem Fernrohr (siehe die Notiz an der rechten Seite) hat Galilei den Himmel entzaubert, Ähnlichkeiten der Mondgebirge mit denen der Erde hervorgehoben und so den Beginn der Trennung von Himmel und Erde eingeleitet.
Arbeitsmethode
Planung, Durchführung und Auswertung der Experimente beeinflusste die spätere Physik.
"Wir wollen bei der Methode GALILEIS zwei entscheidende Schritte hervorheben: die Definition der Begriffe als Ausgangsschritt sowie die Auswahl einer einfachen Bewegung aus den komplizierten Bewegungen in der Natur und die Wahl idealisierter Versuchsbedingungen (völlig glatte Ebene, völlig glatte Kugel), die in der Natur nirgends realisiert sind. Dieser Schritt erfordert eine außerordentliche Abstraktionsfähigkeit, und in der Geschichte der Physik ist GALILEI der erste, der von der Notwendigkeit der Vernachlässigung unwesentlicher Störeinflüsse spricht und der es wagt, aus den tatsächlich gemessenen Werten auf die am idealisierten Objekt zu erwartenden Werte zu extrapolieren. ...
... wir [haben] bei der Besprechung der Bewertungsmaßstäbe für wissenschaftliche Methoden oder Theorien das Aufstellen eines geeigneten abstrakten Modells, das einerseits das Wesen der untersuchten Erscheinung berücksichtigt, zum anderen aber die Erscheinung einer mathematischen Beschreibung zugänglich macht, als entscheidenden Schritt herausgestellt. Von diesem Gesichtspunkt aus bedeuten die Arbeiten GALILEIS einen Meilenstein in der Geschichte der Wissenschaft." (Simonyi, Seite 209)
- Bildachweis: Discorsi wird vielfach im Internet dargestellt. Eine Quelle: Los Discorsi de Galileo - Introducción, dedicatoria y presentación - El Tamiz
- Literaturhinweis: K.Simonyi; Die Kulturgeschichte der Physik; Harry Deutsch 1995
Galileo Galilei (1564 jul bis 1642 greg) beherrschte Mathematik wie sein Zeitgenosse Kepler. Sein Arbeitsschwerpunkt lag allerdings in Beobachtungen und Experimenten. Kepler forderte von Galilei einmal Daten an, die letzterer auch lieferte. Bekannt ist Galilei wegen seiner Bestätigung des Kopernikanischen Weltbildes (1632) und seiner Himmelsbeobachtungen mit dem Fernrohr (1610). Er wurde 1633 vor das Inquisitionsgericht geladen, beugte sich der Inquisition und widerrief. Diese Geschichte nahm Brecht als Vorlage für sein "Leben des Galilei".
Galileis Himmelsbeobachtungen stützten Keplers Erkenntnisse. Nach seiner Veruteilung durch die Inquisition blieb Galilei auf der Erde und beschäftigte sich mit den Bewegungen auf der Erde in ihrem Schwerefeld. Er benutzte unterschiedliche Versuchsanordnungen: Experimente mit dem freien Fall, Bewegung auf der schiefen Ebene, Beobachtung der Pendelbewegung (der Mär gemäß an einem Kronleuchter in einer Kirche), und den horizontalen Wurf. Die Ergebnisse veröffentihcte er aus seinem Hausarrest heraus 1635/ 1638 in den "Discorsi".
Galilei beschreibt die Messergebnisse mit mathematischen Formeln. Es sind gemäß der Vernunft methodische Versuche, die induktiv mathematisch erfasst werden. Bei Newton erleben wir dann die deduktive Vernunft.
Vernunft im Himmel wie auf Erden: Isaak Newton
Brunnen in Lohr am Main (2022)

Wasserstrahl und Planetenbahnen
Das Wasser fließt kontinierlich aus dem waagerechten Rohr des Brunnens. Teilt man es in kleine Massenelemente, so verlässt das Wasser gemäß der Newtonschen Gleichung in einer Parabel das Rohr.
Planeten bewegens sich um die Sonne, der Mond um die Erde auf elliptischen Bahnen, wie man mit Hilfe der Newtonschen Gleichungen ausrechnen kann.
In beiden Fällen kann man das Ergebnis aus einem Prinzip (Gravitationskraft = bewegte Masse mal ihrer Beschleunigung) deduzieren (ableiten). Es hängt die Bewegung dann von der Masse des Zentralkörpers und den Anfangsbedingungen ab. Bleibt zu klären, wie der Verstand nach den Regeln der Vernunft Gravitation, Kraft, Masse, Beschleunigung gefunden hat – oder waren letztere Begriffe immer schon in der Vernunft und mussten nur frei gelegt werden? Was heißt das Gleichheitszeichen?
Die Physiker scheren sich meist nicht darum, sie berechnen. Vorher stellen sie die Anfangsbedingungen fest, bestätigen die Gravitationskraft durch Messung ihrer Größe, Richtung und Orientierung an möglichst vielen Orten und haben eine Idee von der bewegten Masse.
Es zeigt sich, dass es so ist, aber nicht in allen Fällen und möglicherweise nicht für immer.
Isaak Newton (1624 bis 1726) – nach Feierabend in Sceancen verliebt – vollendet die Erkenntnisse von Keppler und Galilei und schließt die Physik in ein geschlossenes mathematisches Gebäude ein. Seine Theorie geht von Axiomen aus und lehnt sich so an die Geometrie der Antike. Allein durch Anfangsbedingungen, Kräfte und die "Newtonsche Gleichung" beschreibt diese Theorie (die Mechanik) sowohl die Bahn der Planeten am Himmel wie die Bahn von Gegenständen auf der Erde. Sie beschreibt die Bahnen über alle Zeiten und alle Orte.
Es ist eine Theorie für das Unendliche und das Endliche, deduziert aus wenigen Prinzipien. Sie scheint sowohl des Absolute zu erfassen und das konkret Bedingte. Kein Wunder, dass im 18. Jahrhundert Philosophie davon besessen ist, sich zur Wissenschaft der Vernunft häuten zu können.
Planenteparade 22.5.2022 - Sternwarte Schweinfurt

Quelle: Tipp für Frühaufsteher: Planeten – Sternwarte Schweinfurt
